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Einleitung


             Was für ein Publikum soll heute ein Buch, das der jüngste Bruder des Sufi-Mys-
        tikers Hazrat Inayat Khan im Jahr 1932 geschrieben hat, erreichen? Es ist hier meines
        Wissens das erste Mal auf Deutsch übersetzt.


             Weshalb? Wir leben in einer kritischen Zeit, so viele tiefe Veränderungen gehen
        vor in der Gesellschaft, unter den Völkern, unserem unmittelbaren Umfeld, in uns selber.
        In der Schweiz, in Europa scheint das Verständnis zwischen den Religionen zu schwin-
        den, viele fühlen sich bedroht, wenn sie vor einer anderen Sichtweise im Leben stehen.
        Das 'Sehen mit beiden Augen, eines betrachtet den eigenen Standpunkt, das andere den
        Standpunkt des Gegenübers'; Respekt gegenüber der angeborenen Würde eines Men-
        schen, findet wenig Beachtung. Es regt sich etwas in unserem tiefsten Inneren.

             Es sieht so aus, als hätten wir mit den modernen Entwicklungen mehr verloren als
        gewonnen, was das Verständnis des Lebens als Individuum und als Gesellschaft betrifft,
        doch Leben bewegt sich, ist dynamisch und kann in der Feinheit oft viel mehr bewirken
        als äusserlich wahrnehmbar ist. Wir sollen Vergleichsmöglichkeiten haben, uns vorstellen
        können, wie es auch sein kann. Was mich am tiefsten berührt hat beim ersten Lesen
        dieser Erinnerungen, ist die wunderbare Feinheit und Treue Musharaff Moulamia Khans
        gegenüber seinem Bruder und dessen Mission, die aus jedem Satz hervorleuchten. Es
        zeugt auch von jener besonderen Atmosphäre einer Musik im Hause Moula Bakhshs,
        dem 'Morgenstern' der indischen Musik im vorletzten Jahrhundert.


             Über den Autor steht in 'Wikipedia': Musharaff Moulamia Khan, geboren Baroda
        (Indien) am 6. September 1895; starb in Den Haag (Niederlande) am 30. November 1967
                                                                                       .
        Er war der jüngste Bruder der Hazrat Inayat Khan-Familie, und teilte mit ihm seine Freu-
        de an der Musik. Als Inayat Khan nach Amerika gerufen wurde, folgte er ihm ein Jahr
        danach und war Musiker der 'Royal Hindustani Musicians'. Musharaff war zweimal ver-
        heirat, zuerst mit Savitri van Rossum du Chattel, die 1946 in Indien starb, und dann mit
        Shahzadi de Koningh, mit ihr lebte er in Den Haag, wo er 1967 starb. Nach dem Tod von
        Pir-o-Murshid Ali Khan im Jahre 1958 übernahm Pir-o-Murshid Musharaff die Führung
        der Sufi-Bewegung and diente dem grossen Ideal der Botschaft mit seinem ganzen Her-
        zen. Er bleibt in Erinnerung als einfacher, anspruchsloser Mensch, mitfühlend mit allen
        und eine Quelle von Trost und Hoffnung.


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