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Modeste et honnête
                                        Jolie petite violette
                                    Qui jette son beau parfum
                                       Dans mon petit jardin.


               Im Jahre 1926, sie war erst zwölf Jahre alt, entschied Hazrat Inayat Khan, der
         viele Jahre Amerika und Europa bereist hatte, um die Sufi-Botschaft von Liebe, Har-
          monie und Schönheit zu verbreiten, nach Indien zu reisen. Er hatte sein Heimatland,
          seit er im Jahre 1910 mit seinen Brüder und Cousin in den Westen aufgebrochen war,
          nicht mehr gesehen. Es war eine Reise ohne Wiedersehen. Noor hatte geträumt, dass
          der Bäcker der Familie in einem Flugzeug fortgeflogen sei, um nicht wiederzukehren.
          Und so war es auch. Am 5. Februar 1927 starb ihr Vater in Delhi.


               Es war ein harter Schlag für die ganze Familie; unerträglich schon für all jene,
          die mit Noors Vater in Kontakt gekommen waren, umso schlimmer noch für seine
          Ehefrau und ihre Kinder. Da übernahm Noor die Aufgaben des Haushalts und ent-
         wickelte einen tiefen Sinn für Hingabe und Dienstbereitschaft. Sie spielte Harfe und
          die Veena, eine alte indische Laute, schrieb Gedichte und komponierte. “Song to the
          Madzub”, ist eine ihrer Kompositionen, Ihr findet sie am Schluss dieses Buches - ein
          bewegende Hommage und Liebeserklärung an ihren Vater.


               Als Noor 24 Jahre alt war, begann sie, an der englischen Übersetzung der Ja-
         taka Tales, einer Sammlung von etwa fünfhundert Geschichten und Fabeln über die
         vergangenen Inkarnationen des Buddha, zu arbeiten; schon als Kind war Noor von
          ihnen fasziniert. Zusammen mit den Illustrationen von Henriette Willebeek le Mair
          kam  die  erste  Ausgabe  der  “Twenty  Jataka  Tales”  heraus,  enthusiastisch  gefeiert
          in der Presse. Noor begann, für die Sonntagsausgabe des Figaro zu schreiben, sie
         gestaltete die Seite für die Kinder. “Unter den Elfen, die an einem Berghang lebten,
         war da eine Kleine, die redete, redete, plapperte und schwatzte, noch mehr als die
         Grillen im Gras oder die Spatzen auf den Bäumen. Ihr Name war Echo“, schrieb Noor
          in ihrer Erzählung “Echo“. 1938 schrieb sie ein Gedicht an ihre geliebte Mutter:

                         A little fairy told me why the flowers wake in May
                         She said: “It´s for the birthday of a little Ora Ray
                        The sun, they say, is jealous of her lovely golden hair
                     The flowers look their sweetest just to try and be as fair.“



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