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Einführung - ‘Gebrauchsanleitung’


            Liebe Freunde,

            Auf ‘Shakuntala’ wurde ich das erste Mal aufmerksam, als ich die Musik eines Streichquar-
         tettes hörte, es spielte eine ganze Reihe von wunderschönen Melodien - alle auf ‘Shakuntala’
         bezogen: Cantique à l´Aurore, La Prière, L‘ Âme se libère de la Souffrance, Praise of Shiva,
         Liberation Song hiessen sie, Kompositionen von Sergei Tolstoi und Vladimir Pohl, entstanden
         auf Anregung von Hazrat Inayat Khan, um das Jahr 1914 herum... ein Juwel, eine ‘trouvaille’!
         Auf der Suche nach der Geschichte von Shakuntala traf ich zuerst auf Camille Claudel, Bild-
         hauerin und Rodin’s Geliebte; sie hat ein tief bewegendes Werk geschaffen und es ‘Shakuntala’
         genannt. Und dann las ich das erste Mal Khalidasa’s Theaterstück, ein Drama in Sanskrit,
         entstanden im vierten oder fünften Jahrhundert n.Chr.

            Welch ein Reichtum! Und wiederum, wenn Hazrat Inayat Khan nicht gewesen wäre, hätte
         ich kaum je von ‘Shakuntala’ gehört, und so ist dieses Buch einer besonderen Studie gewidmet,
         und ich hoffe, dass Ihr Euch daran erfreuen werdet. Hazrat Inayat Khan bezieht sich oft auf
         unsere Bestimmung im Leben, er sagt: «Wir sind auf Erden, um eine Aufgabe zu erfüllen, die
         in uns drin angelegt ist, die wir mitgebracht haben auf die Erde. Unser Körper, unsere Gefühle,
         unsere Gedanken sind die Werkzeuge zu dieser Entdeckung; es gibt eine Form der Arbeit an
         uns selber, die sich im Adel der Seele und in der Demokratie unseres Umganges mit uns sel-
         ber und mit unseren Mitmenschen widerspiegelt - man könnte sie ‘Kunst der Persönlichkeit’
         nennen.»

            Diese Kunst ist ein Prozess, der sich im Verlaufe unseres Lebens immer wieder neu stellt,
         in jeder Lebensphase, in jeder Entwicklungsphase von neuem, und unsere Verantwortung ge-
         genüber ihr vertieft und erweitert sich mit jeder Erkenntnis; immer geht es darum, unser eige-
         nes Wesen zu verfeinern, genauso wie man aus einem Stück Stein eine Form, die schon darin
         angelegt ist, herausarbeiten muss; wie ein Rohdiamant, der sein inneres Licht erst zu zeigen
         beginnt, wenn er geschliffen ist; wie der Spiegel der Seele, unser Herz, immer wieder poliert
         werden muss, damit sich unser eigentliches, tiefstes Wesen zeigen kann.

            So ist dieses Buch als eine Art ‘Spiegelbild’ über die Jahrhunderte hinweg konzipiert, auf
         den geraden Buchseiten, also links, können wir dem Theaterstück folgen - wunderschönste
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